Sommer bei den Ink Rebels

Es ist ein bisschen hektisch bei uns im Büro. Der Sommer knallt durch die Fenster, manchmal setzen wir uns auf den winzigen Balkon, um Eistee zu trinken oder Wodka Lemon und ein bisschen frische Luft zu schöpfen und in den Abend zu plaudern. So lange dauert es nicht mehr, bis wir unseren ersten Geburtstag feiern, und immer, wenn wir daran denken, können wir selbst kaum glauben, wohin all die Monate entschwunden sind. Gleichzeitig sehen wir sie in sechs wunderschönen Büchern, die sich gemütlich in unserem großen Regal im Konferenzraum A aneinanderschmiegen. Wie Geschwister sehen sie aus.

„Scheiße!“, ruft Jenny entnervt, als sie aus ihrem Büro in den Flur geht und dabei direkt in einen Umzugskarton läuft. Zum zehnten Mal an diesem Tag. „Räum die endlich hier weg, Franzi!“, schreit sie gleich mal weiter.
Aber Franzi hört sie nicht. Sie steht in der Teeküche und backt einen Abschiedskuchen.
„Machst du das jetzt wirklich? Gehst du echt ins Ausland?“ Daniela tunkt den Finger in den Käsekuchenteig und schleckt ihn ab.
„Klar. Nach dem BILD-Artikel kann ich mich ja nirgendwo mehr blicken lassen.“ Sie wischt sich eine kastanienbraun gefärbte Haarsträhne aus der Stirn.
Leise vor sich hinmurmelnd stolpert Julia in die Küche. „Was haltet ihr von diesem Coverentwürfen?“, fragt sie. Eigentlich würde Daniela sie jetzt an das Sachbuch erinnern, das Julia dringend (sehr dringend) (sehr sehr dringend) zu schreiben hat, doch die Entwürfe sind zufälligerweise für den ersten Band der Fantasytrilogie, die bald schon das Licht der Welt erblicken wird. Danielas Inky-Debüt. Wir mussten alle lange genug darauf warten.
„Zeig mal her.“ Sie bemüht sich wirklich, Julia nicht allzu stürmisch die Entwürfe aus der Hand zu reißen.
„Sind die Cocktails schon fertig? Ich hab was zu feiern!“ Kira wedelt ein paar Seiten hin und her. Also, schon ein paar mehr Seiten, aber nicht so viele wie sonst.
„Was denn, ist Jako etwa schon fertig?“ Jenny hat es mittlerweile bis in die Teeküche geschafft, in der es mit uns fünf plus der Teigschüssel langsam eng wird.
„Ja, ich habe gerade das Wort ‘Ende’ unter den Text gesetzt.“ Jako – das wird unser erstes E-Short werden. Unser erstes Inkybaby, könnte man sagen.

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Julia läuft schon mal zum Schrank, um die Longdrinkgläser herauszuholen, Franzi schiebt den Kuchen in den Ofen und setzt sich vorsichtshalber den Hut auf, ohne den sie das Büro kaum noch verlässt, und Kira beginnt damit, die Drinks zu mixen.
„Da könnte mehr Feuer rauf“, murmelt Daniela, die an den Coverentwürfen hängen geblieben ist. Sie wirkt etwas blass, so selten verlässt sie in letzter Zeit ihr Büro, denn neben ihrem ersten Inky muss sie zwei Verlagsbücher quasi parallel schreiben. Ab und zu schiebt ihr eine der anderen etwas zu essen zu, und wenn wir aufpassen, isst sie das sogar.
„Und ein hübscher Kerl“, sagt Jenny, aber diesen Vorschlag macht sie bei jedem Cover. „Sind die Drinks endlich fertig?“
Kira reicht ihr schweigend ein randvoll gefülltes Glas. Ähnlich wie Daniela schreibt Jenny nämlich ebenfalls gerade zwei Bücher gleichzeitig und lektoriert so ganz nebenbei zwei weitere. Ihre Tage haben irgendwie doppelt so viele Stunden wie die der anderen.

Mit den Cocktails und einem Teller Keksen setzen wir uns auf den Balkon. Die Regenwolken, die die letzten Stunden verdunkelt haben, verziehen sich gerade, und orangerosa Abendlicht tränkt die Straße.

Julia erzählt ein bisschen von ihrer Idee für eine neue Serie. (“Das wird SO GUT, echt. Ich liebe das jetzt schon so!”) Kira rührt versonnen in ihrem Glas. Jenny zeigt uns Fotos von dem wirklich heißen Love Interest in einem ihrer neuen Romane. Daniela erzählt ein paar spannende Fakten aus ihren Rechercheergebnissen. Franzi schweigt vor sich hin.

Manchmal, gerade dann, wenn wir alle eigentlich wahnsinnig viel zu tun haben, sitzen wir einfach nur da und lassen den Sommer auf uns niederregnen. Weil diese stillen Momente, in denen etwas Neues beginnt, unsere schönsten sind.

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