Firefly und Feuerfluch

»Hab ich dir schon diese coole Rezension gezeigt?«, fragt Julia.
Daniela sieht auf. »Hast du.«
»Sicher? Guck mal. Noch nie vorher hat jemand zu einem meiner Bücher Holla, die Waldfee geschrieben wie Sarah. Lässig. Storytechnisch wurde das Rad zwar nicht neu erfunden, aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass das was ich sonst so kenne ein ordentliches Upgrade bekommen hat. Und …guck mal, die hier, von Marie-Isabelhat mich mit Glühwürmchennächte total gepackt. Der Schreibstil hat mich mitfühlen, mitzweifeln, mitlieben und mithassen lassen …«
Daniela seufzt. Eigentlich wollte sie mit Julia um Seiten battlen, aber jetzt hält Julia ihr alle drei Minuten eine Rezension von Firefly unter die Nase, was gestern erschienen ist. »Du hast gesagt, du wärst gar nicht aufgeregt«, sagt Daniela.
»Bin ich auch nicht. Nicht mehr. Nur ganz arg verliebt in die Blogger, die bisher rezensiert haben. Ich glaube, ich werde Ausschnitte aus ihren Texten gleich mal auf die Website stellen.«
»Gute Idee«, sagt Daniela und denkt, dass sie dann wenigstens in Ruhe weiter recherchieren kann, wie das eigentlich mit den binären Sonnensystemen so genau … ähm. Also, weil sie dann weiterschreiben kann.
Von den anderen kann Julia leider niemanden mit ihrem taumelnden Firefly-Glück überschütten, denn die anderen sind nicht da.
Der Plan ist eigentlich, dass die sich in Frankfurt treffen, wo sie auch Adoptivrebellin Tatjana und Korrekturfee Susanne und Verleger Jürgen knuddeln können. Aber ob das alles so klappt …

Jenny ist auf dem Weg zur Buchmesse. Zum Glück ist sie mit dem Auto gefahren, denn der Zug, den sie sonst genommen hätte, ist gerade in Flammen aufgegangen. Na ja, vielleicht nucht ganz das, aber zumindest brennt er. Und außerdem ist die Autobahn gesperrt, deswegen wird Jenny jetzt mit ungefähr fünfundsiebzigtausend anderen Autofahrer*innen umgeleitet und rumpelt mit ihrem tapferen, kleinen Auto über winzige Feldwege. Periodisch schickt Jenny kraschelige Sprachnachrichten ins Büro, aus denen wir uns das zusammengereimt haben.
»Es ist der Fluch«, murmelt Daniela vor sich hin. »Der Feuerfluch, der auf Verloren liegt. Er greift um sich.«
Julia liest sehr konzentriert weiter Rezensionen.
»Meinste nicht, dass es der Fluch ist?«
»Ich glaube, dass Flüche nur dann Wirkung haben, wenn man an sie glaubt«, sagt Julia abgelenkt, und dann fangen ihre Augen an zu leuchten. »Hier, hör mal, das ist von Sina: Ich würde gerne total viele Textstellen zeigen. Ich würde gern sagen, WOVOR ich Angst hatte. Ich würde gerne erzählen, wie cool ich Lia in manchen Situationen fand oder aber wie ich ihr in den … treten wollte
»Das ist wirklich schön«, sagt Daniela und flüstert: »Ich glaub, es ist der Fluch.«
Von Kira wissen wir, dass sie im Zug nach Frankfurt sitzt. Wie wir Kira kennen, kann sowas dauern. Vielleicht wird sie morgen ankommen. Vielleicht kommt auch ein plötzlicher Schneesturm. Oder der Zug brennt ab – man weiß sowas nicht im Voraus. Bisher sieht allerdings, soviel wir wissen, alles gut aus. Nichts brennt, und sie hat sogar Strom gefunden, um ab und zu mit uns zu kommunizieren.
Wo Franzi ist, wissen wir nicht. Gestern lief sie noch aufgekratzt durchs Büro und verkündete, sie wolle gleich ihre Freundin mit dem Auto vom Flughafen abholen und müsse dafür einen Gebirgspass queren. Auch hier ist plötzlicher Schneesturm nicht ausgeschlossen. Oder eine unerwartete Feuersbrunst. Wir hoffen das Beste.

Derweil battlen Daniela und Julia weiter, und Julia murmelt nur noch ganz, ganz leise: » … hat die Autorin sehr gut dargestellt, es ist immer alles nachvollziehbar. Silvan ist ziemlich geheimnisvoll und irgendwie wirkte er auch mysteriös. Ich wusste nicht so recht wie ich ihn nehmen sollte. Mit der Zeit aber habe ich ihn besser kennengelernt und ganz heimlich, still und leise hat er sich in mein Leserherz geschlichen. … Das ist von Manja.«
Weil Daniela aber kaum mehr zuhört, verzieht sie sich in den Garten und liest einem der Bürohunde was vor.

 

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