oder: Ready, steady, go. Go! GO, verflixte Kiste!
Montag, der 10.10.2016
14:00 Uhr
Die Presse ist großflächig informiert.
Bevor der Andrang uns überwältigt, sollen auch unsere Blogger ihren ersten Newsletter bekommen. So steht es in unserer Bibel: in Franzis heiligen Terminplanungslisten.
Tagelang, nein, wochenlang haben alle an diesem Newsletter herumgebastelt, umgeschrieben, wild diskutiert und neu geschrieben, bis wir uns auf eine Version einigen konnten, die vor allen Augen Gnade fand.
14:05 Uhr
Kira steht in Startposition. „Ich verschicke jetzt, okay?“
„Okay“, antworten beinahe alle, gespannte Stille setzt ein.
Kiras Finger berührt die Senden-Taste, da kommt Daniela reingestürmt und knallt ihr gnadenlos eine Liste mit Änderungswünschen auf den Tisch. “Sind nur Kleinigkeiten. Vor allem hier, an dem Satz würde ich was ändern wollen.”
„Das geht jetzt nicht mehr“, brüllen alle.
„Es muss!“, brüllt Daniela zurück.
14:35 Uhr
Julia hat noch nicht gefrühstückt, Jenny nicht mal Zähne geputzt und der Rest lebt von Kaffee. Alle sind erschöpft, aber sich endlich einig: Der erste Satz wird ein letztes Mal umformuliert und Daniela mit einem heimlich inszenierten Agenturanruf abgelenkt.
„Ich verschicke also JETZT“, erklärt Kira. Alle halten den Atem an, als der Newsletter durchs Netz lettert (oder was Newsletter eben so tun).
14:36 Uhr
Jenny findet den Newsletter als Erste in ihrem Mailfach und hustet. „Äh. Wie sieht die Mail bei euch aus?“
Insgeheim hofft und betet Jenny, dass sie einfach nur zu dösig ist, eine Mail zu öffnen. Das könnte doch sein. Jenny ist, was Computer betrifft, manchmal etwas … langsamer. (Dafür kann sie Geschirrspülmaschinen reparieren.)
Zur gleichen Zeit telefoniert Daniela schon wieder mit ihrer Agentin und ist etwas unkonzentriert, als sie nebenbei die Mail öffnet. Aber dass das so komisch aussieht … Liegt das am Werbeblocker?
Kira flucht los. „Scheiße!”
Das findet Jenny auch!
„Verdammt!”, wimmert Kira. “Aber … aber … in der Vorschau war doch alles wunderbar!“
Betreten sehen alle auf den zerschossenen Text, der sich über die Monitore zieht, dann breitet sich fieberhafte Hektik aus.
14:38 Uhr
„Komisch“, sagt Franzi, während Julia beruhigend auf die hyperventilierende Kira einsäuselt: “Es ist nur ein Newsletter.”
„Muss an der Technik liegen“, bemerkt Jenny weise.
Franzi zaubert schnell ein paar entschuldigenden Worte für die armen Blogger aus ihrem Hirn.
Erklären kann sich das Drama niemand. Kurz zuvor ging ein Stapel Pressemitteilungen auf demselben Weg problemlos nach draußen.
Mit Danielas beruhigender Hand auf ihrer Schulter – „Alle machen Fehler. Das ist doch sehr sympathisch.“ – bastelt Kira grimmig an dem Newsletter herum.
14:49 Uhr
„Okay“, sagt Kira. „Ich hab’ ihn mir jetzt noch mal selbst geschickt und alles gecheckt. Er sieht aus, wie er aussehen soll. Neuer Versuch!“
Nichts ist mehr zu hören außer dem Klappern von Geschirr aus der Küche, als der Praktikant bergeweise Tassen abwäscht.
14:50 Uhr
„STOPP!”, schreit Jenny. „Schick ihn lieber noch mal an mich. Nur zur Sicherheit.”
Es wäre echt peinlich, würde der Newsletter jetzt noch einmal unformatiert bei den Empfängern ankommen. Richtig peinlich. Eingrabungswürdig!
14:52 Uhr
Doch Jenny hält den Daumen hoch. „Sieht schick aus. Hau ihn raus.“
Kiras Hand schwebt über den Senden-Button. „Ich trau mich nicht.“
„Tu es“, ruft Julia und schwenkt ein „Kira-Superstar”-Fähnchen.
„Ja, tu es!“ Franziska zerrt sich hastig ihr „Go, Ink Rebels, go“-Shirt über den Kopf, derweil murmelt Daniela ein paar Beschwörungsmantras.
„Aber wenn er jetzt wieder …“
„TU ES!“
14:53 Uhr
Wusch, macht es, und ein neuerlicher Schwung Newsletter begibt sich auf den Weg.
Schwitzend starren alle auf ihre Monitore. Daniela rauft sich die Haare, Julia kompensiert ihre Anspannung, indem sie neuen Kaffee aufsetzt.
„Das gibt’s doch nicht!“, brüllt Kira los. “Er sieht SCHON wieder so aus! MANN! Der verarscht mich doch!“
Fassungslos starren Daniela und Franzi auf ihre Rechner, Jenny glotzt in Schockstarre eine nackte Wand an, und Julia trinkt den frisch aufgebrühten Kaffee in einem Zug allein aus.
„Vielleicht fehlt ein Name?“, wirft Franzi ein.
„Vielleicht kann er nur höchstens fünfzig am Tag?“, murmelt Jenny der Wand zu.
Vielleicht ist der Mailverteiler ein Arschloch und hasst mich?, denkt Kira.
Julia arbeitet sich durch das Mailchimp-Handbuch, und Daniela formuliert ein neues Statement für den Rest der Welt. Langsam gehen uns die Erklärungen aus.
15:05 Uhr
„Ich versteh das nicht“, heult Kira, „es hätte funktionieren müssen!“ Dann springt sie wie elektrisiert auf. „Ich glaube, ich hab’s!“
Verfolgt von Julia, eilt sie zum Rechner und klickt sich hastig durch die Mailadressen.
Zwischen langen Listen von „Mail als HTML“ taucht ein einsames „Mail als Text“ auf. Hinter der INK REBELS Adresse. Was schlicht bedeutet, dass die Mail nur bei uns so zerschossen aussah – während alle Blogger den hübschen, durchdesignten Newsletter bekommen haben, den wir uns ausgedacht haben. Allerdings wird sich jetzt wohl so mancher Blogger wundern, warum wir den Newsletter denn nun zweimal verschickt haben, und noch dazu beim zweiten Mal mit einer etwas konfusen Entschuldigung …
Julia sinkt erleichtert auf die Knie und sieht ausgesprochen dramaturgisch gelungen dabei aus. Jenny prustet Kaffee über ihre Tastatur. Franziska muss auf diesen Schock erst einmal ein Stückchen Torte essen, und Daniela löscht schnell den Facebookpost, in dem sie den Rest der Welt um technische Hilfe angefleht hat. Danach beschließt sie, für heute nur noch an ihrem Buch weiterzuschreiben und sich mit so profanen Dingen wie Technik fürs Erste nicht mehr abzugeben.
15:06 Uhr
„Wir sollten einen Blogartikel über diesen besonderen Moment schreiben“, ruft Daniela noch, dann hört man aus ihrem Zimmer das Klackern der Tastatur.
„Na gut“, sagt das restliche Büro. „Machen wird das.“
Vielen Dank, Andrea!
Dir auch.
Herzlichen, herbstlichen Gruß!
Julia für die Ink Rebels